Begriffsklärung und Definition
Bei der ethymologischen Suche nach der Bedeutung des Wortes Meditation lässt sich einerseits die latinische Wurzel „meditari“ finden, was „nachdenken“, „sinnen“ bedeutet. Dieser Begriff wiederum ist mit dem lateinischen „metiri“, „messen“ verwandt.
In den Herkunftssprachen des Buddhismus gibt es Begriffe, die sich dem der Meditation nur annähern. „Bhavana“ aus dem Sanskrit bedeutet „mental development“, (lit. „calling into existence“), das tibetische „samten“ kann mit „aufmerken“ oder „das Erkennen ausbilden“ übersetzt werden. Entlang dieser Übersetzungen kann Meditation als „Pfad des Aufmerkens, der Ausbildung des Erkennens und Sehens“, als Methode, um Einsicht in die Natur der Wahrnehmung zu gewinnen, definiert werden. (Hayward, 1990)
Kabat-Zinn weist in Anlehnung an den Physiker David Bohm darauf hin, dass die beiden Begriffe „Medizin“ und „Meditation“ auf das lateinische „mederi“ zurückzuführen sind, was „heilen“ heißt. Dem liegt wie bei „meditari“ der Wortstamm „metiri“, „messen“, dessen tiefere Bedeutung nach David Bohm darin liegt, dass alle Objekten ein „richtiges inneres Maß“ haben, zugrunde. Demgemäß können die Begriffe Medizin und Meditation als ein Mittel zur Wiederherstellung des „richtigen inneren Maßes“ verstanden werden (Kabat-Zinn 2000).
Sehr allgemein ist Meditation „eine Methode der Bewusstheitssteigerung durch Ausrichtung der Aufmerksamkeit“.
Wichtigen Komponenten der Meditation
- dass sie Absicht beinhaltet,
- dass sie prozeßhaft ist,
- dass das Wahrnehmen von Kommen und Gehen von z.B. Gedanken wichtiger ist, als deren Inhalt und
- dass sie sowohl innerhalb als auch außerhalb von Religionssystemen praktiziert werden kann,
wird folgende Definition gerecht:
„Meditation steht für eine Gruppe von Techniken, die alle den bewussten Versuch zum Ziel haben, die Aufmerksamkeit in nicht-analysierender Weise zu konzentrieren, und nicht seinen Gedanken in grüblerischer Weise nachzuhängen“ (Shapiro, 1987)
Wesentliche Ziele der Meditation
Meditation ist ein in allen Kulturen und allen Zeiten verbreitetes Phänomen, das sich mit seinen vielfältigen Formen in den religiösen Traditionen der Welt entwickelt hat.
Das zentrale Anliegen aller Meditationstechniken ist eine intentionierte Bewusstseinssteuerung, die, so verschieden die Strategien auch sind, im ursprünglich religiösen Kontext „die Überwindung der Subjekt-Objekt Spaltung, die Wiederverbindung von innen erlebter Mitte und außen erlebter Welt“, die Befreiung der selbstverursachten körperlichen, psychischen und mental wirksamen Verstrickungen zum Ziel hat.
Als gemeinsame Absicht kann das Erreichen von einem Bewusstseinszustand gesehen werden, der nicht vom normalen, rational-verbalen Assoziationsautomatismus geprägt ist. Der oder die Meditierende beobachtet, dass der alltäglich normale Zustand des Geistes rastlos ist, zu Meinungen und Urteilen neigt, von inneren Dialogen bestimmt ist, ohne in der gegenwärtigen Erfahrung und im Körper verankert zu sein. Er/Sie wird sich der Dynamik des Geistes bewusst und übt das Unterbrechen dieser Gewohnheiten.
Wie ganzheitlich das Ziel und die Wirkung der Meditation ist, macht v. Allmen (2000) deutlich:
„Meditation will Freiheit von Leiden, von inneren Zwängen und Ängsten schaffen; sie bewirkt vertiefte Sensibilität, Ehrfurcht vor dem Leben und echtes Interesse am Wohlergehen alles Lebendigen. Über eine äußerlich sichtbare und praktizierbare Form und Lehre hinaus handelt es sich um eine Lebenshaltung; sie bedeutet eine realitäts- und alltagsbezogene Transformation. Wir können Meditation … als Übung, Training und Lebensweise erfahren, die sich bis in sämtliche Bereiche unseres Lebens auswirkt“.
Auf poetische Art beschreibt der vietnamesische Zen-Meister Thich Nhat Hanh (1989) die Praxis der Meditation so, dass sie „keine Übung in Analyse oder Schlussfolgerung ist. Das Schwert der Logik hat bei der Praxis von Gewahrsein, Konzentration und Verständnis, sowie von zum Stillstand-Bringen und Schauen keinen Platz … Die Wirkung von Meditation ist wie das Feuer unter dem Topf, wie die Sonnenstrahlen auf dem Schnee und wie die Wärme der Henne auf ihren Eiern. In diesen drei Fällen gibt es keine Bemühungen um Urteile oder Analyse, nur einfach geduldige und kontinuierliche Konzentration“.
Formen der Meditation
In der Formenvielfalt lassen sich zwei Hauptkategorien unterscheiden, die in den verschiedenen Traditionen jede für sich, aber auch parallel praktiziert werden.
Bei der konzentrativen Meditation wird der Geist durch beharrliche Sammlung auf ein Meditationsobjekt geschult, alle ablenkenden Einflüsse von innen (Gedanken, Empfindungen) und von außen (Reize aus der Umwelt), auszuschalten. Die Meditationsobjekte können z.B. der Atem, ein Mantra, ein Koan oder ein Symbol sein. Diese Begrenzung kann eine Kraft entwickeln, die neue Wahrnehmungsweisen ermöglicht, habituierte Anschauungs- und Erfahrungsmuster auflöst und veränderte Bewusstseinszustände hervorbringt. Beispiele für diese Meditationsform sind der Sufi-Derwisch-Tanz, Sprech-Mantras, die Koan-Praxis der Rinzai-Zen Tradition und die meisten Yogischen Meditationen.
Die andere Hauptform, die Einsichts- oder Bewusstheitsschulung ist rezeptiv, öffnet beobachtend das Feld der Aufmerksamkeit für alles, was von Augenblick zu Augenblick auftaucht, seien es Sinnesempfindungen, Gedanken oder Wahrnehmungen der Außenwelt. Ohne Beurteilung oder begriffliche Einmischung, sieht man, was ist. Die Wahrnehmungsfähigkeit wird gesteigert und Raum für größere Bewusstheit geschaffen. Dazu gehören die Meditationspraktiken des Soto-Zen, in neuerer Zeit die der Gurdjeff- und der Krishna Murti-Lehren. In der Vipassana- bzw. Achtsamkeitsmeditation werden beide beschriebenen Formen verwendet.
Engel bezeichnet in seiner Einteilung
- die erste Form als konzentrativ, restriktiv,
- die zweite Form als „öffnend“, „panoramaartig“, „mindful-meditation“, „witness-meditation“.
Weiters kann noch zwischen formaler und informaler Meditation unterschieden werden:
- Unter formaler Meditation versteht man, dass der oder die Meditierende eine bestimmte, der Meditationsform gemäße Körperhaltung, meistens an einem dafür ausgesuchten Platz zu einer bestimmten Tageszeit einnimmt (Sitzmeditation, Gehmeditation).
- Informale Meditation wird vor allem mittels Achtsamkeit zu jeder möglichen Tageszeit bei allen alltäglichen Handlunge geübt, um die bewusste, aufmerksame Haltung als Lebensweise zu integrieren. Da in der Alltagshast der Faden der achtsamen Beobachtung leicht verloren geht, ist die formale Praxis Unterstützung, um die Kontinuität der Achtsamkeit zu entwickeln.
Dieser Text wurde mit freundlicher Genehmigung aus der Dissertation von Dr. Ulrike Tiefenthaler-Gilmer: „Achtsamkeitsmeditation als klinische Intervention bei Patientinnen mit Fibromyalgiesyndrom“, Wien 2002, entnommen.